Nach der gestrigen mündlichen Verhandlung beim Verwaltungsgericht (VG) Osnabrück wurde wieder einmal nicht im Sinne der Tiere entschieden, sondern im Sinne der Tierexporteure, die Rinder regelmäßig in Tierschutz-Risikostaaten ausliefern. Vor dem VG Osnabrück hatte sich ein großer Rinderexporteur gegen die behördliche Untersagung eines Transports trächtiger Rinder bis nach Marokko gewehrt. Der Transport war aus Tierschutzgründen untersagt worden, u. a. wegen der drohenden betäubungslosen Schlachtung der Tiere in Marokko unter extrem tierquälerischen Bedingungen. „Es ist unfassbar, wie hier durch das VG angebliche juristische Gründe herangezogen werden, obwohl vollkommen klar ist, dass alle Rinder, die von Deutschland nach Marokko transportiert werden, einer ganz konkreten Gefahr ausgesetzt werden, und zwar der Schlachtung ohne jegliche Betäubung, die jedes exportierte Rind in einem Tierschutz-Hochrisikostaat ereilt“, so die Sprecherin des Tierschutznetzwerks Kräfte bündeln, Claudia Preuß-Ueberschär.

Dass in Marokko ausschließlich Schlachtungen ohne Betäubung stattfinden, belegen umfangreiche und zahlreiche Dokumentationen von Tierschutzorganisationen, Tierärzten und Journalisten aus den letzten drei Jahrzehnten. Gegenteilige Belege für tierschutzgerechte Schlachtungen in Marokko gibt es dagegen nicht. Trotz dieser Tatsachen meint das Verwaltungsgericht, dass im Einzelfall nachgewiesen werden müsse, dass die Rinder einer konkreten Gefahr ausgesetzt würden. Wie dieser Nachweis erbracht werden soll, wurde in der gestrigen mündlichen Verhandlung nicht erörtert. Um die konkrete Gefahr im Einzelfall zu belegen, müsste also ein Transport von Anfang an begleitet werden bis zum Zeitpunkt der betäubungslosen Schlachtung, die jedoch, wenn sie eintritt, für das Tier bereits stattgefunden hat und dem Tier dann nicht mehr zu helfen ist. Zudem wurde von dem Gericht angezweifelt, dass der Transporteur für das Leid der Tiere verantwortlich sei. Die Verantwortung für die leidvolle Schlachtung liege bei dem Schlachtunternehmen in Marokko. „Diese Logik können wir nicht nachvollziehen. Es ist doch jedem klar, dass die Tiere dem Leid der betäubungslosen Schlachtung nicht ausgesetzt würden, wenn man sie gar nicht erst nach Marokko bringen würde. Die Verantwortung liegt nach Meinung mehrerer Tierschutzjuristen sehr wohl beim Transportunternehmer, der sehr genau weiß, was mit deutschen Rindern in Marokko passiert. Das Tierleid lässt sich nur präventiv verhindern, indem solche Transporte untersagt und gar nicht mehr abgefertigt werden, was dem Sinn und Zweck des Tierschutzrechts, welches Gefahrenabwehrrecht ist, entspricht“, so Preuß-Ueberschär. Von dem Verwaltungsgericht wurde weiter darauf verwiesen, dass der Verordnungsgeber von der Verordnungsermächtigung in § 12 des Tierschutzgesetzes Gebrauch machen und eine Verbotsverordnung solcher Transporte auf den Weg bringen könne.

„Wir fordern zum wiederholten Mal Landwirtschaftsminister Cem Özdemir auf, Lebendtiertransporte in Tierschutz-Hochrisikostaaten zu verbieten,“ so Preuß-Ueberschär abschließend.

Die Pressemitteilung im PDF-Format kann hier abgerufen werden.